Deutsch-Französisches Rapduo „Zweierpasch“ diskutiert mit DFWK Jugend und jungen Mitgliedern der AHK Frankreich.
Unternehmer, Politiker, Forscher und Journalisten sieht man regelmäßig auf den Veranstaltungen des Deutsch-Französischen Wirtschaftskreises (DFWK) und der Außenhandelskammer Paris (AHK Frankreich) – Rapper hingegen eher selten. Durch die Diskussion mit Till und Felix Neumann, die als Frontmänner der deutsch-französischen Hip-Hop Band „Zweierpasch“ auftreten, unterstrichen DFWK Jugend Präsident Aaron Eucker und die Leiterin des „Young Leader“ Programms der AHK, Mariam-Alice Saad, dass auch Kultur eine feste Rolle im Programm der beiden Vereine und der deutsch-französischen Beziehungen einnimmt.
Grenzgänger: Über Grenzen hinweg
Die Zwillingsbrüder Till und Felix Neumann sind in der deutsch-französischen Kulturszene bekannt, wie kaum eine andere Gruppe. 2014 veröffentlichten sie das Lied „Grenzgänger“. In dem dazugehörigen Video sind sie auf der Rad- und Fußgängerbrücke zwischen Kehl in Deutschland und Straßburg in Frankreich zu sehen. Auf Deutsch und Französisch rappen sie dort gegen Nationalismus und Hass an und setzen sich für die deutsch-französische Freundschaft ein.
Für ihr Engagement erhielt die Gruppe, die neben den beiden Brüdern noch fünf weitere Mitglieder zählt, 2018 den Adenauer-de-Gaulle Preis. Mit diesem Preis werden Personen geehrt, die sich besonders für die deutsch-französischen Beziehungen einsetzen. Weitere Träger sind unter anderen die ehemaligen Kanzler Helmut Kohl und Helmut Schmidt sowie der ehemalige französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing.
Französisch ist für Till und Felix Neumann aus dem Alltag und ihrer Musik nicht wegzudenken. Diese Liebe für die Sprache des Nachbarn auf der anderen Seite des Rheins teilen leider immer weniger Menschen. Um dieser Entwicklung gegenzusteuern, engagieren sich Zweierpasch mit
ihren Projekten „HipHop macht Schule“ und „Ecole du Flow“ in Schulen in beiden Ländern. Die deutsch-französischen Beziehungen lebten über den Kontakt und Austausch miteinander – nur so könne man sich besser kennenlernen und Barrieren abbauen, unterstreichen die beiden Musiker. Dieser Austausch müsse daher gefördert werden. Musik sei dabei nur eine von vielen möglichen Formen.
Gleichzeitig müsse man jedoch aufpassen, nicht zu einer Blasenbildung beizutragen, warnen die beiden Rapper. Die europäische Idee werde bei weitem nicht von jedem gelebt. Auch wenn an Universitäten das Engagement für die deutsch-französische Freundschaft oft groß sei, so finde dies leider auch oft in einer „Bubble“ statt. Es gebe weiterhin viele Bürger in beiden Ländern, die, abgesehen vom Einkaufen, nicht ins Nachbarland fahren. Trotz der vielen lobenswerten Initiativen, sei man von einer gelebten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit noch weit entfernt, erläutern Till und Felix Neumann.
Ouvrez les frontières: Lebensräume & Kultur in Zeiten von Corona
Eine gelebte deutsch-französische Kultur brauche daher mehr als nur Sprachunterricht in den Schulen oder Studentengruppen an den Universitäten. Wichtig sei der persönliche Austausch miteinander, unterstreichen die Geschwister. Umso größer war daher die Wut der Beiden über die Grenzschließung im vergangenen Jahr. Till und Felix Neumann fühlten sich abgeschnitten von einem Teil ihrer Heimat, die sie nicht anhand von Nationalgrenzen definieren, sondern anhand von – wie sie es nennen – „Lebensräumen“. Für die beiden Musiker war die Grenze bisher nur ein Strich auf der Karte – die Grenzregion zwischen Freiburg, Kehl und Straßburg hingegen ihr gemeinsamer „Lebensraum“.
Als Mitglieder der deutsch-französischen Hip-Hop-Band hatte die Grenzschließung im Zuge der Corona-Pandemie jedoch auch weitrechende wirtschaftliche Folgen. Für die beiden Künstler sind Networking und Auftritte in beiden Ländern ein wesentlicher Aspekt ihrer Arbeit. Von heute auf morgen konnten sie nicht mehr nur ins Nachbarland, auch in der Heimat wurden alle Kulturstätten bis auf weiteres geschlossen.
Clandestino: Musik als Bindeglied der Gesellschaft
Zweierpasch ist keine Wohlfühl-Gruppe. Till und Felix Neumann nutzen ihre Musik auch, um Kritik am Vorgehen der Politik zu äußern bzw. diese zu hinterfragen. Darin sehen die beiden Musiker auch eine Stärke der Kunst: Sie kann Debatten anstoßen oder kritische Positionen einnehmen. Sei es mit ihrem als Lied verpacktem Appell „Ouvrez les frontières“ oder ihrem kürzlich veröffentlichten Song „Clandestino“, in dem sie die mangelnde Solidarität und geringe Achtung der Menschenrechte bei der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer anprangern.
Musik komme an dieser Stelle eine besondere Rolle zu, erklären die Geschwister. Indem Kunst – in dem Fall Musik – Themen auch kritisch betrachte, habe sie die Fähigkeit, Menschen zu erreichen, die die Politik nicht mehr erreicht. Für sie ist eine aktive Musik- und Kulturbranche daher ein Statement für gelebte Demokratie.
In diesem Sinne trägt Musik dazu bei, verschiedene gesellschaftliche Gruppen zusammenzubringen. Darin liege ihre ganze Kraft, so das Fazit der Musiker.