Nach der DWFK-Jahres-Mitgliederversammlung, am 9. Dezember 2019, sprach Christophe Arend, der für La République en Marche in der Assemblée Nationale das Département Moselle vertritt, zu den Mitgliedern und Gästen. Arend ist Vorsitzender der Deutsch-Französischen Freundschaftsgruppe in der Assemblée Nationale und Mitglied der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung. Er war entscheidend an der Formulierung des im Januar 2019 unterzeichneten Aachener Vertrags beteiligt – einer Neuauflage des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags von 1963.
Christophe Arends Wahlkreis im Département Moselle (6. Arrondissement) ist sehr stark vom Ende des Bergbaus geprägt. Gleichzeitig finden viele Bürger, Paris habe die Grenzregion um Forbach in Lothringen viel zu lange vernachlässigt. Arend erkannte vor der Wahl 2017, dass etliche unzufriedene Wähler bereit gewesen seien, ihre Stimme Florian Philippot, einem Kand
idaten der Liste Marine Le Pens, zu geben. Dieser machte sich für einen Austritt Frankreichs aus der Europäischen Union stark, den „Frexit“.
Für Arend, der zuvor noch als Zahnarzt arbeitete und sich politisch als Gemeinderatsmitglied in Petite-Rosselle engagierte, war das Anlass, sich der von Emmanuel Macron neu geschaffenen Bewegung La République en Marche anzuschließen. Im Wahlkampf hat er versucht, so der direkt gewählte Angeordnete, immer wieder an die „Intelligenz der Leute zu appellieren, anstatt sich über sie zu erheben“. Und seine Strategie ging auf – im Juni 2017 zog er in die Assemblée Nationale ein.
In Paris setzt er sich heute insbesondere für die Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit ein. Denn auch wenn es innerhalb der EU nach Inkrafttreten des Schengen-Abkommens vor 26 Jahren offiziell keine Grenzkontrollen mehr gibt, sind doch viele unsichtbare Hürden zu nehmen, erklärte Arend: „Aber um viele kleine Dinge zu regeln, muss man noch nicht einmal bestehende Gesetze ändern“. Als Beispiel nannte er die lebensrettende Möglichkeit, im Falle eines Herzinfarkts ein Krankenhaus auf der
anderen Seite der Grenze besuchen, wenn es schneller erreichbar ist.
Für Arend ist es untragbar, dass gerade Menschen in den Grenzregionen immer wieder mit der europafeindlichen Stimmabgabe liebäugeln. „Wieso denkt eine Bäckerin aus meiner Heimatstadt überhaupt daran, rechtspopulistisch zu wählen? Die Zölle und die nationale Währung, die ein Philippot einführen möchte, würden ihr Geschäft schädigen“, wunderte sich Arend. „Ich habe mal einen Test gemacht und Leute auf der Straße gefragt, was die EU ihnen konkret gebracht hat. Die Antwort war: ‚Nichts‘. Ich finde deshalb, wir sollten uns viel stärker darauf konzentrieren, was Europa alles Gutes bringt“.
In der anschließenden Diskussion verwies der Abgeordnete darauf, wie Missverständnisse die politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich belasten: „In Frankreich weiß niemand, welche Macht ein Ministerpräsident eines Bundeslandes hat“, erklärte er. Das führe zu Fehleinschätzungen und manchmal auch zu unangemessenem Verhalten gegenüber deutschen Amtsträgern. Zudem warnte er vor einer Verengung Europas auf die rein deutsch-französische Perspektive. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit sollte europaweit Schule machen. Arend erwähnte bei der Veranstaltung in Berlin explizit, dass auch „Deutschland und Polen hier beispielhaft vorangehen“ sollten.
So fand der Abend einen genussvollen Ausklang. Die vorweihnachtliche Stimmung regte bei französischem Wein, Grünkohl und Klößen manch anregendes Gespräch der DWFK-Mitglieder untereinander an.